Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, September 1895,
Schwelle zwischen beiden Taifunen, die in Naha geringfügig war, in Kagoshima
einen 5 Mal höheren Werth erreichte.
Aus diesen Thatsachen ergiebt sich folgendes Gesammtbild:
Oestlich von den Liukiu-Inseln, über den warmen Gewässern der japanischen
Strömung und des Meeres in der nächsten Umgebung bildete sich vom 14. Sep-
tember an ein grofses barometrisches Minimum aus, in dessen nördlicherem Theil
sich am 16. durch Abschnüren ein Taifun loslöste, der über Shikoku ging. Die
Abschnürung geschah in der Weise, dafs sie über dem Meere nach Südwesten
hin schwach, über dem Lande dagegen, in Kiushu, stark ausgeprägt war. Nach
dem Abmarsch dieses Ablegers bildete sich die grofse Depression weiter zu
einem zweiten Taifun aus, dessen Kern am 19. und 20. ziemlich unbeweglich im
Südosten von Naha lag, und zwar nicht weiter als 100 bis 120 Sm davon ent-
fernt. Am 21. September ging die Mitte des Taifuns mit 1'/facher Fufßsgänger-
Geschwindigkeit östlich von Naha auf nördlichem Kurs vorbei, beschleunigte
dann allmählich ihren Schritt und erreichte ihre größte barometrische Tiefe
wahrscheinlich etwas südlich von Kiushu.
Am 4. September 1891 begann ein ähnlicher Barometerfall in Naha, der
am 9./10. ebenfalls durch eine Schwelle unterbrochen wurde und erst am 13.
sein Ende erreichte. Dieses Mal lag das grofse Tiefdruckgebiet erst bei und
südwestlich von Naha, dehnte sich auf das Ostchinesische Meer aus mit einer
Zunge in der Strafse von Korea, die sich am 9./10. abschnürte und als geschlossenes
Minimum, aber ohne taifunartige Windstärken, nach Nordost wanderte. Damit
verschwand aber das grofse Tiefdruckgebiet nicht, es bildete sich nur ar einer
anderen Stelle ein Kern aus, südlich und östlich von Naha. Am 12. nachmittags
wurden die nördlichen Winde bei Naha stürmisch, das Minimum trat am 13,,
6" a, mit 744 mm ein. Einen Tag später lag es dicht bei Nagasaki mit 716 mm
und wanderte ebenfalls nordostwärts weiter. Erst nach diesem Taifun verschwand
das Tiefdruckgebiet bei Naha ganz. Taifun und Vorläufer entwickelten sich aus
demselben Minimum und verfolgten nahezu parallele, nur durch einen kleinen
Zwischenraum getrennte Bahnen. Diesmal erreichte der Taifun ohne Zweifel
zeine höchste Ausbildung, d. h. die gröfste barometrische Tiefe, erst bei oder
nordwestlich von den Liukiu-Inseln.
Im Juli 1892, vom 15. bis 24., trat in Naha der stetigste Barometerfall
ein, der sich überhaupt in den fünf Sommern ereignete und mich auch ver-
anlafste, der Sache etwas nachzugehen. Am 20. abends erstreckte sich ein
großes Tiefdruckgebiet von Naha in 26° N-Br bis nach Sapporo in 43° N-Br.
Es dehnte sich in dieser Richtung wenigstens 1200 Sm aus, und der Luftdruck
wich auf der ganzen Strecke nur wenig von 750 mm ab. Am 23. löste sich aus
ihm ein Taifun im Süden Japans ab, der mit 733 mm über Shikoku ging, während
24 Stunden später ein zweiter mit 740 mm westlich von Naha vorbeiging. In
diesem Falle war der Abmarsch des ersten Taifuns in Naha nicht durch eine
Schwelle gekennzeichnet, sie mufs also nordöstlich von Naha gelegen haben.
Aehnliche Beobachtungen wie in Naha selbst kann man auch gelegentlich
an Bord in der Nähe machen. So befand sich der deutsche Segler „Auguste“,
Kapt. H. Bothe, im September 1892 auf einer Reise von Philadelphia nach
Hiogo (Japan) an der Ostseite der Liukiu-Inseln und hatte vom 5. bis 13. fort-
während einen Stand unter 750 mm. Am 5. befand sich das Schiff in 22,5° N-Br,
123° O-Lg, am 18. in 28,5° N-Br, 131,5° O-Lg. An Bord wurden zwei Minima
beobachtet, eins von 740 mm am 6., das andere von 739 mm am 10. In Naha
blieb das Barometer vom 3. bis 12. unter 750 mm; das erste Minimum von
123 mm trat hier am 5. ein, das zweite mit 739 mm am 9. September. Das
erste bewegte sich nach WNW, das zweite nach NO.
Diese Beispiele werden genügen, um die mittlere Taifunkurve in Naha
mit langer Einleitung und der Schwelle um den sechsten Tag vor dem Minimum
zu erklären. Der Luftdruck fällt langsam über einem grofsen Gebiete, die Luft-
bewegung wird allmählich lebhafter, bis ein Taifun entsteht, dem meist noch ein
zweiter folgt Man kann nun die Frage aufwerfen: Warum entwickeln sich nie
Taifune über Süd-Japan selber, wohl aber über dem Meere in unmittelbarer
Nähe südlich davon? Die Antwort kann nur lauten: Gröfsere zusammenhängende
Landmassen, besonders wenn sie gebirgig sind, verhindern die Entwickelung,
indem sie die ungehinderte spiralige Luftbewegung an der Erdoberfläche un-
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