186 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1893.
unter die Fischer vertheilt. Auch die Kranken erhalten den vollen Antheil. So
soll ein Matrose bis zu 800 Doll. gewinnen können; sicher ist, dafs sie mindestens
halb so viel einnehmen. Dafs ihr Verdienst bedeutend gröfser als der der fran-
zösischen Fischer ist, geht daraus hervor, dafs sie häufige Ruhepausen in den
Fjorden machen und ein besseres Leben führen können,
Die Engländer fangen den Heilbutt und den Kabeljau; in Wasserbehältern
bringen sie die Fische lebend nach Hull. Hull und Grimsby rüsten etwa 60 Fisch-
dampfer aus, die während des ganzen Jahres fischen. Schon gegen Ende Januar
findet man sie im NO der Faeröer; dort sind sie auch im November noch zu
trefiten. Der Dampferfang bringt viel gröfseren Ertrag als die alte Art mit
Segelfahrzeugen. Den Engländern kommt dabei der niedrige Preis ihrer Kohlen
ınd die Nähe ihrer Ausrüstungshäfen zu Gute; so können sie kleine Dampfer
benutzen, die öfters hin- und herfahren.
Während ein französischer Schoner nur etwa 20 Leinen mit je 2 Angel-
baken aus hat, also 40 Angeln, hat ein englischer Dampfer etwa tausend Haken
und mehr aus. Jede Leine ist durch Hahnepoten verzweigt, die Haupt- und
Nebenleinen werden von 100 zu 100m durch Schwimmer hochgehalten. Die
Angelschnüre sind von Meter zu Meter an den Leinen befestigt und hängen senk-
vecht hinab. Die französischen Fischer behaupten, solche Schleppzüge von
mehreren Seemeilen Länge gesehen zu haben. Als ersten Köder — ehe noch
Fische gefangen sind — wird eine an der englischen Küste viel vorkommende
Strandschnecke benutzt. In einer Stunde können die Leinen sämmtlich aus-
yesetzt werden; das KEinholen aller Leinen dauert drei Stunden. Die Besatzung
besteht hauptsächlich aus Maschinenpersonal; vier Mann genügen an Deck, um
die gefangenen Fische in den Behälter zu werfen und die Leinen zu bedienen.
Mit solcher Sparsamkeit können die Segelschoner, die durchschnittlich 20 See-
leute brauchen, nicht wetteifern. Wenn die Dampfer 3 bis 5 Wochen in See
gewesen sind, laufen sie nach Hull zurück; von da werden die Fische auf Eis
nach London geschafft.
Etwas Walfischfang wird ebenfalls von den Engländern betrieben. Sie
benutzen dazu Kutter, die gewöhnlich drei Mörser zum Schleudern der Har-
punen besitzen.
In grofsem Mafsstab betreiben nur die Norweger den Fang der Wale an
Jen isländischen Küsten. Alle Walfänger, die das Sieden des Thranes am Lande
ausführen, müssen sich nach dänischem Gesetz als Isländer naturalisiren lassen.
Einige Norweger umgehen dieses Gesetz, indem sie alte Hulks zu Siedereien
eingerichtet haben; doch auch alle T’hransiedereien am Lande sind norwegischen
Ursprunges,
Jede Walfängerei verfügt über eine Flottille kleiner Dampfer; diese
Dampfer sind als Schoner getakelt und haben nur etwa 15 Tonnen Kohlen-
vorrath. Im Vortopp der Dampfer ist eine Tonne für den Ausguck geheifst,
Auf der Back tragen sie ein Geschütz zum Schielsen der Harpune; letztere ist
an einer langen Leine befestigt und endet mit einem Sprenggeschofs, das den
Wal tödtet, indem es in seinem Körper platzt. Die Harpune, die mit Wider-
haken versehen ist, bleibt in der Wunde sitzen. Der Kapitän, dem das Har-
puniren obliegt, bekommt für jeden Wal eine Belohnung von etwa 50 Mk. (neben
ginem festen Gehalt von 130 Mk.). Jeder Matrose erhält gleichfalls ein beson-
deres Fanggeld. Der ungefähre Bruttoertrag beträgt etwa 4000 Mk. von einem
Wal; doch einzelne geben bedeutend mehr. Die Dampfer suchen die ganze
Dänemark-Strafse ab und laufen jede Woche in den Fjord ihres Ausrüstungs-
platzes ein, um Kohlen zu nehmen.
Die T’hransiedereien erfordern besonders geübtes Personal; zu jeder Siederei
gehört eine Helling, auf der die Zerstückelung des Wales ausgeführt wird, ferner
mehrere Winden, um die Fleischmäntel unter die Hackmaschine zu bringen. Der
Speck wird von da in die Kessel gebracht, die durch Dampf geheizt werden;
der gewonnene Thran wird schlielslich in eisernen Behältern aufgefangen. Zu
Flateyre im Onundarfjord baut jetzt ein Engländer eine Anlage, um die Walfisch-
abfälle in Guano zu verwandeln. Kleine dänische und isländische Segelfahrzeuge,
die Kohlen bringen, nehmen die Walfischknochen als Rückfracht; man benutzt
sie, um Knochenkohle daraus zu machen.