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Full text: 48, 1929/1930

Lucie Raelider: Grundlagen und Versuch einer landsehaftskundi. Gliederung der nördl. algerischen Sahara. 89 
Ghardaia, die größte der Mzaboasenstädte, liegt 
im Wadi Mzab nahe an seinem Rande in der Nähe 
einer Nebentalmündung. (Abb. 7.) Die Masse seiner . 
Kalksteinhäuser drängt sich überaus malerisch um 
einen einzelnen, niedrigen Zeugenberg im Wadi. Die 
zum Teil gelben, zum Teil weißgetünchten Gebäude 
steigen etagenförmig, eins das andere überragend, an den Hängen empor und finden auf der Gipfelplatte 
ihre Krönung in dem hohen, obeliskartigen Turm der Moschee. Über den Fuß des Zeugen quillt das 
Häusermeer nach allen Seiten in die ebene Sohle des Wadi hinaus und hat wenigstens teilweise die 
siebentorige Mauer, die einst die ganze Stadt umgab, durchbrochen. Kein Baum ragt aus den engen 
Gassen oder den Höfen empor, die keinem Hause fehlen. Man sieht aber vielfach schöne Bogen 
hallen im Erdgeschoß der kastenförmigen Häuser. Es scheint, daß die ältesten Stadtteile auf dem Hügel 
liegen, und daß die jüngeren — Jahresringen vergleichbar — sich um diesen Kern legen. Am Rande 
der Stadt stehen schöne, zum Teil mehrstöckige Gebäude, wohl Karawansereien, Marktgebäude u. ä. 
Festung und Kaserne liegen der Stadt gegenüber auf einem Berg. 
Zwischen der Stadt und dem steilen, völlig kahlen Plateaurand, der durch zahlreiche, freigefügte 
Nebentäler in Zwischentalsporne aufgelöst ist und vor dessen Fuß eine hohe Schuttböschung liegt, sieht 
man im Flußbett kleinere Palmengörten, die in lockerer Reihe die Verbindung mit der etwa 2 km ent 
fernten Oase Ghardaia herstellen. Das Flußbett hat schroffe, aber nicht sehr tiefe Ränder aus anstehen 
dem, sehr harten, zuckerkörnigen Kalkstein, der von gelben Mergeln mit Kalksteinknollen unter 
lagert wird. Im Flußbett selbst liegen Flußsand, Schotter und Kies, der in einigen Gruben abgebaut 
wird. Zwischen Ghardaia und El Ateuf steht immer wieder dieser sehr harte Kalk an, der zum Teil 
vom Wasser glattgeschliffen und meist mit dicken Gipskrusten überzogen ist. Einige Ziehbrunnen 
mit Seilwinde dienen nur zum Wasserholen, nicht der künstlichen Bewässerung. Für diese scheint ein 
kleiner Staudamm im Flußbett aus Abfall, Müll usw. erbaut worden zu sein. Im Flußbett sind in der 
Nähe der Gärten auch kleine Felder angelegt worden, auf denen Gerste gebaut wird. 
Die Palmengärten ziehen sich hauptsächlich auf der Nordseite des Tales hin, nahe dem Plateaurand. 
Später entwickelt sich dann breit die Oase in dem ganzen Tal und zieht sich bis Bou Daya hin 21 ). Die 
Flußwasseroase Ghardaia ist nicht einheitlich. Man kann zwei verschiedene Kulturarten und damit zwei 
verschiedene Kulturlandschaftsteile unterscheiden: a) die ungeschützte Flußbettoase, b) die geschützte 
Sselloase. Die Pflanzungen von Ghardaia, Melika, Bou Noura und El Ateuf scheinen ineinander über 
zugehen, und es ist deshalb möglich, daß hier einige charakteristische Züge, die etwa der Oase Ghardaia 
zugeschrieben werden, vielleicht in einem anderen Abschnitt, wie dem von Bou Noura besonders aus 
geprägt sind. 
Abbildung 7 
Die Lage der Stadt und 
Oase Ghardaia im Wadi 
Mzab. 
Nach Passarge, Tagebuch 10. X. 07. 
a) Die ungeschützte Flußbettoase. 
Wie bereits oben dargestellt, liegen Teile der Palmenpflanzungen und Felder im Flußbett. Sie wer 
den bei jeder Hochflut völlig überschwemmt, aber die Palmen tragen keinen Schaden davon. Die künst 
liche Bewässerung wird durch Ssagir genannte Brunnen bewerkstelligt. Über eine zwischen zwei Stein 
wangen befestigte Rolle läuft ein Seil, an dessen einem Ende ein Ledersack hängt, der von Tieren hoch 
gezogen und in einen Behälter entleert wird. Von diesen Ssagir führen 20—25 cm breite Rinnen aus 
Kalkzement zu .den Beeten und Palmen, die zum Teil sogar in losem Sande wachsen. Die Wassermenge 
scheint zugeteilt zu werden. Staudämme im Flußbett, die aber schon fast ganz mit Schottern zuge 
schüttet sind, zeugen von der gewaltigen transportierenden Kraft der Hochfluten. Vielleicht aber ist 
ihr Zweck gerade, diese Gewalt durch Aufstau- und Schotterabsetzung zu mildern, ähnlich den Stau 
wehren in den Gebirgsbächen. 
sl ) Passarge, Tagebuch, 10. Oktober 1907.
	        
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