Dr. Fr. Bolte: Die Methoden der Chronometer-Kontrole an Bord etc.
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Den Bedingungen, unter welchen der Klammerausdruck auf der rechten Seite und damit dv selbst
zum Maximum wird, kann man sehr leicht auf die Spur kommen, wenn man / und d als zwei Seiten eines
sphärischen Dreiecks und t als den dazwischenliegenden Winkel auffasst. Dann ist nach der Grundregel
der sphärischen Trigonometrie der Klammerausdruck gleich dem Cosinus der dem Winkel t gegenüber
liegenden Seite. Derselbe erhält seinen grössten Werth, nämlich 1, wenn diese Seite selbst gleich Null ist;
dies findet aber statt, wenn t = 0 und </ = d ist. Man erhält somit den Maximalwerth
dv = r . dt/. sin 1'.
Geometrisch gesprochen tritt dieser Fall ein, wenn der Stern im Zenith steht, da dann f — 0 und
/ -- d ist. Will man den geringen Einfluss von r mit berücksichtigen, so müsste man / = d — 0 an
nehmen, da dann r = 1 ist. Für einen Breitenfehler von 1' wird dann
dv = 0.00029.
Aus Betrachtungen, die denen in § 29 ganz analog sind, folgt, dass der Einfluss von dv auf die Zeit
des ersten Meridians wieder von der Entfernung d der Sternsekante vom Mondmittelpunkt abhängt. Für
Je ■ Je .
d — — ist der Fehler in der mittl. Greenw. Zeit l s und für d — —— beträgt er 3 S , wenn man auch hier
wieder N — 90° und n — 0.54954 an nimmt, j
In Bezug auf die Gleichzeitigkeit der Maximalwerthe von du und dv gilt auch hier wieder die Be
merkung, dass die Vorbedingungen für das Zustandekommen des Maximums sich bei du und dv grössten-
theils aufheben. Während du einen Stundenwinkel von 6 Std. verlangt, erfordert dv den Stundenwinkel 0;
wenn der Stundenwinkel die eine Grösse zum Maximum macht, wird die andere Null.
Fast ebenso günstig liegen die Verhältnisse bei der Breite. Beim Maximum von du muss die Breite
gross sein; Aveil aber das Maximum von dv die Beschränkung hinzufügt, dass </ = d sein muss, so kann
die Breite nicht grösser als 29° Averden, da Sterne mit grösserer Deklination nicht mehr zur Bedeckung
gelangen können.
In Wirklichkeit stellt sich auch hier die Einwirkung einer fehlerhaften Breite auf die Greenwicher
Zeit und somit auch auf den Chronometerstand viel günstiger. Bei den in § 29 envähnten 36 Stern-
Bedeckungen ist der Einfluss von einem Fehler in Breite von einer Minute auf die Zeit des ersten Meridians
im Mittel 1?4. Es kamen hiebei Fehler unter l s 16mal, zAvischen l s und 2 S 12mal, zwischen 2 S und 3 S
5mal, zAvischen 3 8 und 4 S , 4 S und 5 S , soAvie 5 S und 6 S je einmal vor. Man darf also auch hinsichtlich
der Breite, ebenso Avie in § 29 in Bezug auf den Stundenwinkel bemerkt worden ist, die Behauptung auf-
steilen, dass der Einfluss eines Fehlers in diesem Elemente innerhalb der an Bord bei sorgfältiger Ausnützung
der sich darbietenden Meridianhöhen-Beobachtungen über dem Nord- und Südhorizonte vorkommenden
Fehlergrenzen auf die Zeit des ersten Meridians für die Chronometer-Kontrole als durchaus unwesentlich
anzusehen ist.
§31. Fehler in den Mond-Koordinaten. Es erübrigt noch, der Frage näher zu treten, Avie etwaige
Fehler in der Rektascension und Deklination des Mondes die mittl. Greemv. Zeit beeinflussen können.
1) Ein Fehler in der Rektascension des Mondes würde sich in der Weise geltend machen, dass durch
ihn die Zeit % der Avahren Konjunktion geändert würde und zAvar um soviel, als der Mond gebrauchen
Avürde, um seine Rektascension um den Fehler der Rektascension zu verändern. Nach den Meridiankreis-
Beobachtungen des Mondes in Greenwich kommen Fehler von mehr als W sehr selten vor (im Jahre 1889
unter 92 Beobachtungen nur 4mal). Nimmt man 20 s als Rektascensionsänderung in 10 m an, so würde
jenem sehr hohen Fehler von 0 S 33 ein Fehler in der Zeit des Anfangsmeridians von 10 s entsprechen. In
der Regel ist die Ungenauigkeit der Rektascensionen der Ephemeriden jedoch so gering, dass man für ge-
wöhnlich auf einen Fehler von 5—6 S in der Greemvicher Zeit wird rechnen können.
2) Ein Fehler in der Deklination des Mondes Avürde sich auf das im Nautischen Jahrbuche angegebene
Reduktionselement q werfen. Da nach §22 q — —p— ist, wenn D die Deklination des Mondes, d die
jenige des Fixsterns und P die Horizontal-Parallaxe des Mondes bezeichnet, so würde ein Fehler von 5" in